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Psychoanalyse
Sigmund Freud (1923) definierte die Psychoanalyse wie folgt:
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PSYCHOANALYSE ist der Name 1) eines Verfahrens zur Untersuchung seelischer Vorgänge, welche sonst kaum zugänglich sind; 2) einer Behandlungsmethode neurotischer Störungen, die sich auf diese Untersuchung gründet; 3) einer Reihe von psychologischen, auf solchem Wege gewonnenen Einsichten, die allmählich zu einer neuen wissenschaftlichen Disziplin zusammenwachsen (S. 211). |
Die in der psychoanalytischen Theorie und Therapie bestimmenden Nachfolger Freuds haben sich im Wesentlichen an diese Definition gehalten. Heinz Hartmann und Ernst Kris (1945) schrieben
z. B., dass das Wort «Psychoanalyse», so wie es meistens gebraucht wird, drei verschiedene Bedeutungen habe: 1) die einer therapeutischen Methode, die Hartmann und Kris die «psychoanalytische Therapie» nannten; 2) die einer Beobachtungsmethode, die Hartmann und Kris als das «psychoanalytische Interview» bezeichneten; und 3) die eines Grundstocks von Hypothesen, für welchen die Autoren den Terminus «Psychoanalyse» reservierten (S. 7).
Das Institut für Psychoanalyse (IfP) steht in dieser
Tradition psychoanalytischer Tätigkeit, wobei die vier folgenden Thesen über
das Wesen der Psychoanalyse richtunggebenden Charakter im Institut haben:
1. Die
Psychoanalyse fordert rückhaltloses Annehmen der psychischen Wirklichkeit des
Analysanden.
2. Die
Psychoanalyse untersucht möglichst gründlich die kranken, aber auch die
gesunden Funktions- und Wirkungsweisen der Persönlichkeit im Rahmen ihres
historischen Entstehens. Sie setzt sich dafür ein, das psychische Leiden des
Analysanden zu beheben bzw. zu lindern.
3. Die
Psychoanalyse gibt sich nicht mit einfachen Erklärungen des Psychischen
zufrieden und lehnt Patentlösungen ab. Gleichzeitig ist sie sich der Grenzen
des Therapierenkönnens bewusst und gesteht Misserfolge ein.
4. Die Psychoanalyse nimmt die
Kritik ernst, dass die psychoanalytische Therapie nur wenigen Menschen zukommen
kann. Sie fasst aber, ausgehend von Freud (1895, S. 312), ihre Arbeit am «hysterischen Elend» als Beitrag
zur Aufhebung des «gemeinen Unglücks» auf. Sie versucht, die durch
psychoanalytische Therapie und Forschung gewonnenen Einsichten anderen leidenden
Menschen zugänglich und für sie nützlich zu machen, indem sie z. B. für eine Verbesserung der Mensch-Mensch- und
Mensch-Natur-Beziehungen im Sinne einer umfassenden juristischen, politischen und ökonomischen Gleichheit der Menschen und eines verantwortungsbewussten Umgangs mit der
Natur eintritt.
Freud, S. (1895), Studien über Hysterie. Gesammelte Werke, 1:75–312. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 1972.
____(1923), «Psychoanalyse» und «Libidotheorie». Gesammelte Werke, 13:209–233. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 1976.
Hartmann, H. und Kris, E. (1945), The Genetic Approach in Psychoanalysis. In: Papers on Psychoanalytic Psychology von Heinz Hartmann, Ernst Kris und Rudolph M. Loewenstein. New York: International Universities Press, 1977, S. 7–26.
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